Die Ordensballeien im Reich

Eine der bedeutendsten vom Orden übernommenen karitativen Einrichtungen war das von der Landgräfin Elisabeth von Thüringen in Marburg gegründete Hospital. Es wurde nach ihrem Tod im Jahre 1231 durch den Orden weitergeführt und ausgebaut.

Mit der Heiligsprechung Elisabeths 1235 erlangten dieses Spital sowie seine Betreiber eine besondere spirituelle Bedeutung. Die sich für den Orden ergebende Reputation stieg noch, als die Heilige im Frühjahr 1236 unter persönlicher Beteiligung des Kaisers Friedrich II. umgebettet wurde.

In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurden die einzelnen Kommenden zu regional gegliederten Balleien zusammengefasst. So entstanden um 1214 die Ballei Sachsen, vor 1221 die Ballei Thüringen, 1222 die Kammerballei Böhmen und Mähren, sowie 1237 die Ballei Marburg. Später folgten Lothringen (1246), Koblenz (1256), Franken (1268) und Westfalen (1287). Diese Besitzungen unterstanden wie die Balleien Österreich und Schwaben-Elsass-Burgund dem Deutschmeister. Auch in Norddeutschland existierten vereinzelte Kommenden nahe den Ostseehäfen Lübeck und Wismar, welche direkt dem Landmeister in Livland unterstellt waren. Diese dienten vorrangig der logistischen Abwicklung von bewaffneten Pilgerzügen ins Baltikum. Dort entwickelte der Orden ein eigenes Staatswesen.

Ein zweiter Versuch des Landerwerbs war erfolgreich in einer Region, die dem statuierten Missionierungsgebot des Ritterordens eine weitreichende Perspektive bot, dem Baltikum. Schon 1224 hatte Kaiser Friedrich II. in Catania die heidnischen Einwohner des Preußenlandes östlich der Weichsel und der Nachbargebiete als Reichsfreie der Kirche und dem Kaiserreich direkt unterstellt. Als päpstlicher Legat für Livland und Preußen bestätigte Wilhelm von Modena diesen Schritt noch im selben Jahr.

1226 rief der polnische Herzog aus dem Geschlecht der Piasten, Konrad I. von Masowien, den Deutschen Orden zu Hilfe in seinem Kampf gegen die Prußen um das Kulmerland. Nach den misslichen Erfahrungen mit Ungarn sicherte sich der Deutsche Orden diesmal juristisch ab. Er ließ sich von Kaiser Friedrich II. mit der Goldenen Bulle von Rimini und von Papst Gregor IX. mit der Bulle von Rieti garantieren, dass nach der Unterwerfung und Missionierung des Baltikums, also der Prußen, das eroberte Land an den Orden fallen sollte. Auf sein Drängen erhielt der Orden zudem die Zusicherung, man werde als Souverän dieses Gebietes nur dem Papst, aber keinem weltlichen Lehnsherrn unterstehen. Konrad I. von Masowien überließ dem Orden nach längerem Zögern 1230 im Vertrag von Kruschwitz „auf ewige Zeit“ das Kulmerland. Der Deutsche Orden betrachtete diesen Vertrag als Instrument zur Schaffung eines selbstständigen Herrschaftsgebietes in Preußen. Sein Wortlaut und seine Echtheit wurden von einigen Historikern in Zweifel gezogen.

1231 überschritt Landmeister Hermann von Balk mit sieben Ordensrittern und ungefähr 700 Mann die Weichsel. Er errichtete noch im selben Jahr im Kulmerland eine erste Burg, Thorn. Von hier aus begann der Deutsche Orden die schrittweise Eroberung des Territoriums nördlich der Weichsel. Die Eroberung ging einher mit zielgerichteter Besiedlung, wobei den vom Orden begründeten Ansiedlungen zumeist das in der Kulmer Handfeste verbriefte Recht verliehen wurde. Unterstützt wurde der Orden in den ersten Jahren von Truppen Konrads von Masowien sowie der anderen polnischen Teilfürsten und von Kreuzfahrerheeren aus dem Reich und vielen Ländern Westeuropas. Papst Gregor IX. gewährte den Teilnehmern am Kriegszug gegen die Prußen die für einen Kreuzzug ins Heilige Land übliche umfassende Sündenvergebung und weitere Heilsversprechungen.

Nachdem 1240 Pskow vorübergehend besetzt werden konnte, kam es zu ständigen Gefechten zwischen Rittern des Livländischen Ordenszweiges sowie Gefolgsleuten der livländischen Bischöfe und russischen Abteilungen. Diese gipfelten im April 1242 in der Schlacht auf dem zugefrorenen Peipussee (auch: Schlacht auf dem Eise), deren genauer Verlauf und Umfang unter Historikern umstritten ist. Ein russisches Aufgebot unter Alexander Newski, dem Fürsten von Nowgorod, schlug hier eine größere Heeresabteilung unter Hermann I. von Buxthoeven, dem Bischof von Dorpat. Im Sommer 1242 wurde ein Friedensvertrag geschlossen. Er fixierte faktisch für mehr als 150 Jahre die jeweiligen Einflusssphären.

Die Unterwerfung des Siedlungsgebietes der Prußen ging einher mit Christianisierung und deutscher Besiedlung des Landes. Dieses Unterfangen beschäftigte den Orden mehr als 50 Jahre lang und wurde nach schweren Rückschlägen, wie verschiedenen Aufständen der Prußen, erst 1285 abgeschlossen. Die ursprünglich legitimierende Zielsetzung der sogenannten Heidenmission behielt man auch nach der Missionierung Preußens bei.

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